Waren unsere glombigen Proben bisher ein gemütliches Brezel- und Berlineressen mit eher pflichtschuldigem Krawatten-Abschneiden, so artete die diesjährige in eine regelrechte Orgie aus. Als die männlichen Probenteilnehmer halb verlechnet die Klingende Posaune erreichten, empfing sie eine Rädelsführerin des weiblichen Rudels mit der Drohung: „Heute überschreiten wir alle Grenzen!“ Und alle ihre Artgenossinnen setzten die Worte in Taten um. Ob es an den ominösen türkisblauen Gebräuen lag, die der Chorleiter noch vom Jahresabschluss foil hatte? Eines ist jedenfalls sicher: Sogar die artigsten der Posaunenweiber entwickelten an diesem Abend eine beängstigende Vorliebe für Spitzla aller Art, insbesondere natürlich für das Abschneiden derselben. Und nur mit Mühe konnten sie von einer Vorführung des Ententanzes abgehalten werden. Allerdings: dass die Herrn der Schöpfung behaupteten, die Noten seien so gut wie griffbereit und sie würden das vom Blatt lässig spielen, half auch nicht gerade, die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. So kann man von Glück sagen, dass folgendes Sprichwort – selbstredend ohne ein Wimpernzucken vorgetragen von einer Dame – nicht noch in die Tat umgesetzt wurde: „Es steckt ebbes Guats en jedam Ma, ond seis bloß a Kuchemesser.“